Lagebericht - 1.Teil "Vorfreude"

Aus gegebenem Anlass – der heutigen Vorstellung von „Hello Dolly“ - ein kleiner Abriss aus dem Leben eines Produktionsbären.

Meine Vorfreude auf so eine Vorstellung beginnt eigentlich schon am Morgen. Wenn ich noch mit schlafsandverklebten Augen im Bett liege, überlege, wie sich der Tag am besten verbringen lässt und mir einfällt, dass ich am Abend wieder in die Volksoper darf, fängt mein Tag schon mit ganz viel guter Laune an!
An einem Tag wie heute – mit viel Sonnenschein und traumhaften Temperaturen – mache ich mir ein paar gemütliche Stunden, unternehme noch einen netten Spaziergang durch den Augarten, setzte mich mit einem guten Buch auf einen sonnige Parkbank... Die Entspannung brauche ich, denn spannend wird der Abend schon genug!
Ihr müsst wissen, dass ich während der Vorstellung für das Wohlergehen aller Ensemblemitglieder zuständig bin, muss als Maskottchen gut auf alle aufpassen. Da kann ein bisschen vormittägliche Entspannung gar nicht schaden.
Zwischen halb 6 und 6 am Abend mache ich mich langsam auf den Weg zur Währinger Straße. Ab und zu treffe ich unterwegs schon Kollegen – ein bisschen Zeit für einen kurzen Plausch haben alle.
Angekommen in der Volksoper gebe ich meine Anwesenheit unserem Portier bekannt. Er führt Buch, ob alle, die für die Vorstellung wichtig sind, auch pünktlich im Haus erscheinen.
Als nächstes melde ich mich bei unserer lieben Regieassistentin Karin, der neuste Tratsch wird ausgetauscht, manchmal warnt sie mich schon vor, an welchen Stellen ich am jeweiligen Abend ganz besonders aufpassen muss, weil zum Beispiel ein Chorherr den Part zum ersten Mal singt, tanzt und spielt.
Eine halbe Stunde vor Beginn drehe ich meine Runde durch die Soligarderoben, begrüße meine Schützlinge, wünsche allen eine schöne Vorstellung und verbreite hoffentlich ein bisschen gute Laune. Ich mag diese kurzen Gespräche in und vor den Garderoben. Noch sind alle recht entspannt, die Vorfreude auf eine weitere Vorstellung liegt in der Luft und überall sind Verwandlungen zu beobachten – da wird aus einem netten Direktor plötzlich ein griesgrämiger Futterhändler...
Nach einem letzten, schnellen Kaffee (zur Aufmerksamkeitsförderung) in der Kantine, nehme ich meinen Stammplatz ein. Falls mich mal jemand suchen sollte: ich sitze hinter der Bühne, Stadtseite, Requisitententisch. Dort schau ich noch ganz schnell nach den Visitenkarten - viele müssen es sein und glatt dürfen sie nicht sein ;) -  und harre dann der Dinge, die da kommen werden.
Auch wenn jetzt schon recht viele Vorstellungen gelaufen sind – so kurz vor Beginn macht sich langsam ein bisschen Lampenfieber breit.
Noch ist der Vorhang unten, das Orchester stimmt, das Publikum nimmt langsam aber sicher den Zuschauerraum in Beschlag. Auf der Bühne begrüßen sich Kollegen, werden Kulissen einer letzten Kontrolle unterzogen, wird sich eingegangen, eingesprochen, eingesungen, konzentriert.
Das Licht geht aus. Applaus! John erscheint nicht nur vor dem Orchester sondern auch auf dem kleinen Bildschirm hinter der Bühne – los geht’s!
Das Orchester beginnt zu spielen, Sigrid verschwindet samt Ballon in den Höhen des Schnürbodens und ich freue mich auf einen weiteren großartigen Abend!

Wie es weitergeht, verrate ich euch morgen.
Einen schönen Abend mit „Dolly“ wünscht
Euer Ephraim.

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